Tessi ist mein Patenkind in Nairobi. Ich bin etwa einmal im Jahr in Kenia wegen meiner Projekte. Eines davon, bei dem ich auch mit Bruder Karl Schaarschmidt zusammenarbeite, ist der Schulbau in Githunguri im Rahmen des vom Landkreis Fürstenfeldbruck initiierten Projekts „1.000 Schulen für die Welt“. Das andere ist „Wasser für die Schule in Molo“. Dort müssen die Schüler täglich Wasser mitbringen, weil es keinen Brunnen gibt.
Wenn ich in Kenia bin, bietet sich an, dass wir uns mit Tessi treffen. Für mich ist es natürlich nicht so leicht den Kleidungsgeschmack eines Mädchens zu treffen. Zudem musste ich die Größe schätzen. Mir aber war es wichtig, dass ich ihr ein neues Kleid mitbringe, das nicht aus der Altkleidersammlung stammt. Ich hoffe es hat ihr gefallen. Da es aber ein bisschen zu groß war, freute sich ihre Mutter. Den bösesten aller Sprüche von Müttern habe ich auch schon gehört, als ich klein war: „Sie wächst ja bald hinein“. Bei mir waren die Hosen meist schon kaputt, als sie endlich gepasst hätten.
Hier noch ein Tipp an andere Pateneltern. Wenn ihr was aus Europa mitbringt, achtet auf die Qualität. Billiger Ramsch könnt ihr auch auf den Chinesenmärkten in Kenia billig kaufen.
In Nairobi traf ich zuerst Lydia, die kenianische Mitarbeiterin von Kenya Aids Waisen Hilfe e.V. Bald kam auch Tessi mit ihrer Mutter dazu. Neben dem Kleid hatte ich noch mehrere Plastiktiere dabei. Der „wichtigste Teil“ des Treffens, die Geschenkübergabe, war damit erledigt.
Die armen Kinder in Kenia kennen in der Regel ihr eigenes Land nicht. Darum machten wir uns auf. Das erste Mal besuchten wir das Giraffe Centre. Beim zweiten Mal war das Elefantenwaisenhaus dran. Tessi hatte bisher weder eine lebende Giraffe noch einen Elefanten gesehen. Beim nächsten Mal, nach Corona, werden wir eine Safari im Nairobi National Park machen.
Für Tessi war das Essen an der Würstelbude dann ein Festessen. Wir waren zu viert. Tessi verdrückte alle Würste, die auf den Tisch kamen, egal für wen sie eigentlich mal gedacht waren. Ich ging dann zwar hungrig nach Hause, es war aber wunderschön, Tessi beim Essen zuzuschauen.
Bevor wir Tessi und ihre Mutter nach Hause brachten, gingen wir noch in einen Supermarkt. Es wurden die wichtigsten Sachen in den Einkaufswagen geladen. Dabei ließ ich die Mädels alleine. Mit Tessi suchte ich dann ein paar Sachen, wie Schokolade, speziell für sie. Mahnende Blicke ihrer Mutter ignorierten wir beide geflissentlich.
Als meine Partnerin Jacky mit der Mutter an der Kasse stand und bezahlte, nahm mich Tessi schüchtern beiseite. Sie eröffnete mir, dass ihr größter Wunsch ein Fahrrad wäre, mit dem sie zur Schule fahren kann. Zuerst packten wir den Kofferraum des Autos mit der Beute aus dem Supermarkt voll. Dann ging es in den Keller. Dort war ein Gebrauchtfahrradmarkt. Ganz so begeistert vom Angebot war ich dort nicht. Dann hatte unser Fahrer eine andere Idee. Er kennt einen Supermarkt mit neuen Fahrrädern. Also alle ins Auto und dort hin. Wir fanden dann den Traum eines jeden jungen Mädchens: ein pinkfarbenes Fahrrad.
Es ist nicht ratsam in einen Slum als Weißer zu fahren. Wenn die Verbrecher des Viertels herausbekommen, dass eine Bewohnerin einen Weißen kennt, dann könnten sie ein Problem bekommen. Sie gilt dann als reich. In unserem Fall blieb uns aber nichts anderes übrig. Wir mussten den Einkauf und das Fahrrad abliefern. Als das pinke Rad auf der löchrigen Straße stand, dauerte es keine Minute und mindestens 20 Kinder standen da, um das Rad zu bewundern. Von Minute zu Minute wurden es mehr. Jeder durfte dann damit mal fahren. Nach einer halben Stunde suchten wir das Weite. Wir mussten uns einen Weg durch die immer größer werdende Schar von Kindern bahnen.Ich hoffe Tessi wird mit ihrem pinken Fahrrad glücklich. Schauen wir mal, was wir das nächste Mal gemeinsam anstellen
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